Mit 15 Jahren musste ich aufgrund eines Umzugs die Hauptschule wechseln. An meinem ersten Schultag lautete die erste Frage meiner neuen Klassenlehrerin: „Wo kommst du her?” Ich sagte: „Aus dem Libanon”, woraufhin sie sofort antwortete: „Nicht noch ein Libanese“.
In dem Moment war ich perplex und wusste nicht, was ich sagen sollte und blieb stumm. Bis mich die weiße Lehrerin endlich zum sitzen aufforderte vergingen nur wenige Sekunden, aber sie kamen mir aber wie eine Ewigkeit vor.
Damals nahm ich diese Äußerung sehr persönlich und vielleicht war das auch der Grund, warum ich so geschockt reagierte. Es lag aber auch daran, dass ich bis zu meinem 15. Lebensjahr kaum Rassismus-Erfahrungen machen musste. Heute bin ich Anti-Rassismus-Trainer und gehe völlig anders mit Rassismus um.
Ich nehme Rassismus nicht mehr persönlich, denn ich halte Rassist*innen für sehr primitive Menschen. Sie meinen mich allein aufgrund meiner Herkunft, Religion oder Hautfarbe zu kennen und stecken mich in eine Schublade, so wie meine damalige Lehrerin. Gleichzeitig halten sie sich selbst aufgrund bestimmter Merkmale für etwas Besseres. Nein, diese armselige Geisteshaltung kann ich nicht persönlich nehmen, aber ich nehme Rassismus ernst und gehe dagegen vor.
Am Ende des Schuljahres war ich übrigens Jahrgangsbester und wurde zum Lieblingsschüler der besagten Lehrerin. Das wiederum nahm ich persönlich, weil mich die Lehrerin in der Zwischenzeit kennenlernen konnte. Ich hoffe, es war ihr eine Lehre, Menschen nicht vorschnell zu verurteilen.
Erstveröffentlichung, DOntHateBlog, 01.03.2021:
https://www.facebook.com/donthateblog/posts/252137473254731