Schon 42 Anschläge und Bombendrohungen gegen Moscheen in Deutschland in diesem Jahr. Alleine im Juli waren es 14. Das ist eine erschreckende Bilanz. Die Täter haben Korane in islamischen Gotteshäusern geschändet, Scheiben wurden mit Steinen eingeschlagen, und es gab sogar Brandanschläge. Bisher gab es keine Toten und Verletzten.
Bekennerschreiben gab es in den meisten Fällen auch nicht. Anders war es zuletzt in Duisburg und Berlin. Unbekannte verschickten Drohschreiben, die von “Combat 18” unterzeichnet wurden. Dabei handelt es sich um ein gewaltbereites, rechtsextremes Netzwerk, das in mehreren europäischen Ländern aktiv ist.
Die Polizei hat in den jüngsten Fällen nach den Bombendrohungen Entwarnung gegeben, nachdem die Moscheen evakuiert- und durchsucht worden sind. Von einer echten Entwarnung kann jedoch keine Rede sein.
Der Koordinationsrat der Muslime, der nach eigenen Angaben mehr als 2.000 Moscheegemeinden in Deutschland vertritt, ist angesichts der Angriffe und Drohungen besorgt. Die Sprecherin Nurhan Soykan betont: “Muslime sind tief verunsichert. Der Staat steht in der Pflicht, vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen.” Damit meint sie den Schutz von Moscheen. Dieser Verantwortung seien Politik und Sicherheitsbehörden bisher nicht nachgekommen. Stattdessen würden sie sich in Schweigen hüllen.
Tatsächlich ist Polizeischutz vor deutschen Moscheen eine absolute Ausnahme. Was muss noch geschehen, bis sich das ändert? Müssen erst Menschen sterben? Solange Moscheen regelmäßig bedroht- oder angegriffen werden, sollte die Politik einen systematischen Polizeischutz in die Wege leiten.
Bei etwa 2.700 Moscheen in Deutschland kann nicht jede Moschee jeden Tag überwacht werden. Aber mehr Polizeipräsenz vor den islamischen Gotteshäusern ist das Gebot der Stunde. Gerade wenn größere Versammlungen wie das Freitagsgebet bevorstehen, würde es Muslimen mehr Sicherheit schenken.
Und es wäre ein wichtiges Zeichen. Muslime würden wahrnehmen, dass der Staat da ist, um sie zu beschützen. Wenn Muslime unter Extremismusverdacht stehen, sind die Sicherheitsbehörden schließlich auch präsent.
Das ist jedoch nur Symptombekämpfung. Wir benötigen eine größere Ächtung von Islamfeindlichkeit. Dazu bedarf es einer intensiveren Berichterstattung über derartige Bombendrohungen und Anschläge. Das kam bisher zu kurz.
Stattdessen bestimmte in dieser Woche die Debatte über zwei Leipziger Kitas die mediale Berichterstattung. Diese hatten aus Rücksicht auf muslimische Kinder kein Schweinefleisch mehr servieren wollen. Mittlerweile haben die Kitas das Vorhaben zurückgenommen, weil es bundesweit Kritik hagelte. Diverse Politiker schalteten sich in die Debatte ein, darunter Bundesernährungsministerin Julia Klöckner.
Gleichzeitig ist vonseiten der Politik wenig zu den Anschlägen und Bombendrohungen gegen Moscheen zu hören. An dieser Stelle wäre eine deutliche Verurteilung notwendig gewesen. In politischen Reden wird immer wieder betont, wie wichtig der Kampf gegen Rechtsextremismus ist. Jetzt ist es an der Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen.
Und schließlich müssen Muslime und Nichtmuslime gerade in diesen Zeiten aufeinander zugehen. Vor allem in Ostdeutschland, wo es zwischen Muslimen und Nichtmuslimen weniger Kontakt gibt als im Westen. Dort sind islamkritische bis -feindliche Haltungen stärker ausgeprägt. Der beste Weg, um Ressentiments aus dem Weg zu räumen, sind Begegnungen. Ein friedliches Miteinander der Religionen ist möglich. Dafür muss jede und jeder seinen Beitrag leisten – die Politik, die Medien und jeder einzelne Bürger.
Erstveröffentlichung: https://www.ndr.de/ndrkultur/sendungen/freitagsforum/Moschee-Anschlaege-gehen-uns-alle-an,freitagsforum770.html