In NRW plant das Innenministerium in Pressemitteilungen der Polizei automatisch die Herkunft von Verdächtigen zu erwähnen. Die Polizei wolle „Spekulationen vorgreifen sowie dem Vorwurf, etwas verschweigen zu wollen, entgegentreten“. Rückendeckung gibt es von CDU/CSU und FPD auf Bundesebene.
So sagte der FDP-Generalsekretär Djir-Sarai, dass die Behörden der Wahrnehmung entgegentreten müssen, „dass Probleme unter den Teppich gekehrt werden“. Das „ehrliche Benennen von Ausländerkriminalität“ sei notwendig, um „die bestehenden Herausforderungen entschlossen anzugehen und das Thema nicht den Populisten zu überlassen“.
Klingt sehr ehrenwert, aber in Wirklichkeit betreiben Teile der Politik selbst Populismus. Wenn die Herkunft von Tatverdächtigen und die Straftat in einem Atemzug genannt werden, entsteht der Eindruck, als gäbe es einen Zusammenhang. In den meisten Fällen hat die Herkunft jedoch nichts mit der Begehung von Straftaten zu tun, sondern soziale Faktoren wie Armut, Bildungsdefizite, Alter oder Geschlecht. Dies belegen seriöse Forschungsergebnisse.
In Einzelfällen ist die Nennung der Herkunft sinnvoll, zum Beispiel wenn es einen relevanten Zusammenhang zur Tat gibt. Dies geht aus dem Pressekodex des Presserats hervor. Journalistische Standards und wissenschaftliche Erkenntnisse scheinen Politiker:innen aus Union und FDP jedoch nicht zu interessieren. Es geht hier schlicht um Populismus und Teile der Politik spielen mit dem Feuer.
Wohin das im schlimmsten Fall führt, zeigen die rechtsextremen Ausschreitungen im britischen Southport. Nachdem ein 17-jähriger drei kleine Mädchen getötet hat, kursierten Falschmeldungen und Gerüchte über die Herkunft des mutmaßlichen Täters. In der Folge kam es zu Angriffen auf Sicherheitskräfte, Asylbewerber-Unterkünfte und Moscheen. Dutzende Polizist:innen wurden dabei verletzt.
In NRW hat man diesen unüberhörbaren Warnschuss nicht gehört. Nun hat die Stunde der Presse geschlagen. Schreiben Journalist:innen unkritisch die Pressemitteilungen der Polizeien mit Herkunftsnennung ab oder orientieren sie sich am Pressekodex des Presserates? Dies ist leider keine rhetorische Frage, denn die unbegründete Herkunftsnennung lässt sich bei lokalen und überregionalen Medien gleichermaßen beobachten.