„Sie sind der erste Lehrer, der meinen Namen richtig ausgesprochen hat“, sagte mir ein Oberstufenschüler. Ein anderer Schüler namens Omar sagte, dass er es mittlerweile aufgegeben habe, den Lehrer*innen mitzuteilen, wie sein Name richtig ausgesprochen wird. Manche sprechen seinen Namen wie „Oma“ aus und lassen das „r“ einfach weg.
Ein anderer Lehrer beschwerte sich sogar über die nicht-deutschen Namen und sagte: „Warum gibt man seinen Kindern Namen, die man nicht aussprechen kann?“. Solche Aussagen sind problematisch, denn jede*r kann jeden Namen richtig aussprechen, wenn man sich nur genug Mühe gibt. Ich habe hierfür ein Ritual.
Fast jedes Mal, wenn ich in Schulen Workshops gebe, bitte ich die Teilnehmenden früher oder später darum, Namensschilder aufzustellen. Das gefällt nicht allen, weil eine kleine Bastelaktion damit verbunden ist und nicht alle Blätter und Stifte dabei haben.
Wenn die mehr oder weniger kunstvoll gestalteten Namensschilder fertig sind, gehe ich durch die Reihen und spreche jeden Namen aus. Wenn ich mir unsicher bin, ob ich einen Namen richtig ausspreche, bitte ich die Schüler*in darum, den Namen einmal für mich auszusprechen.
Ich erlebe immer wieder, wie überrascht einige darüber sind, dass ich ihren Namen richtig ausspreche. Das gilt vor allem für arabische oder türkische Namen. Als Deutsch-Libanese habe ich natürlich einen Vorteil gegenüber Deutsch-deutschen, denen die Aussprache schwerer fällt.
Aber es gibt durchaus Namen, die auch mir nicht so leicht über die Lippen gehen. In dem Fall versuche ich die Namen Silbe für Silbe nachzusprechen. Bei diesem Problem geht es jedoch nicht nur um die Aussprache, sondern um eine gewisse Wertigkeit von Sprachen. Professor Karim Fereidooni, der über Rassismus in Schulen forscht, beobachtet vor allem folgendes Problem:
Jede Sprache ist gleich viel Wert. Insofern sollten alle Sprachen gleich behandelt werden. Und Namen sind prägend für die Persönlichkeit. Von daher sollten wir uns alle anstrengen, die Namen der jeweils anderen richtig auszusprechen.