Ich fiebere der Frankfurter Buchmesse (FBM) bereits seit Wochen entgegen, denn mein Buch,“Bloggen gegen Rassismus – Holen wir uns das Netz zurück“, ist für den Selfpublishing-Buchpreis in der Kategorie Sachbuch/Ratgeber nominiert worden. Während der FBM wird der*die Gewinner*in gekürt.
Und dennoch habe ich mir in den vergangenen Tagen immer wieder die Frage gestellt, ob ich zur FBM gehen sollte, weil die Autorin und Aktivistin Jasmina Kuhnke ihre Teilnahme an der FBM aus Sicherheitsgründen abgesagt hat.
Die Gefahr geht vom rechten Verlag Jungeuropa aus, der vom rechtsextremen Aktivisten Philip Stein betrieben wird und auf der der FBM vertreten ist. Dadurch werden auch weitere Rechtsextreme präsent sein und die Gefahr für Kunke persönlich „unübersehbar gegenwärtig“. Sie bedauerte, „dass mir nur das Mittel des Boykotts bleibt, um mich als Schwarze Frau zu schützen“.
Nach Kuhnke sagten auch weitere Autor*innen ihre Teilnahme aus Sicherheitsgründen an der Messe ab und/oder, um sich mit Kuhnke zu solidarisieren. Ich solidarisiere mich ebenfalls mit Kuhnke, aber gehe bewusst zur FBM. Ich werde meine Teilnahme nutzen, um ein Problembewusstsein gegen Rassismus zu schaffen. Rassismus war viel zu lange ein Randthema im öffentlichen Diskurs. Auf der größten Buchmesse der Welt gibt es die Chance, etwas daran zu ändern.
Gleichzeitig respektiere ich die Entscheidung von Jasmina Kuhnke. An ihrer Stelle würde ich der FBM wahrscheinlich auch fernbleiben, denn Kuhnke ist sehr viel bekannter als ich und als Schwarze Frau ist die Gefahr für sie auch wesentlich höher. Außerdem war Kuhnke bereits in der Vergangenheit von Morddrohungen betroffen und musste aus dem Grund umziehen. Für mich bleibt durch die Präsenz eines rechtsextremen Verlags natürlich auch ein Restrisiko und ich werde dementsprechend in permanenter Alarmbereitschaft sein.
Ich würde jedoch nicht unter allen Umständen an der FBM teilnehmen. So würde ich beispielsweise auf keinen Fall mit Rassist*innen auf einem Podium diskutieren, denn indem man mit ihnen diskutiert, werden ihre menschenverachtenden Standpunkte normalisiert. Insofern halte ich es für einen fatalen Fehler der FBM, dem faschistischen Verlag Jungeuropa eine Bühne zu bieten. Vor allem, weil durch deren Präsenz die Sicherheit antirassistischer Aktivist*innen gefährdet ist.
Die Buchmesse rechtfertigte allerdings die Entscheidung, rechte Verlage nicht auszuschließen: „Meinungs- und Publikationsfreiheit stehen für uns an erster Stelle.” Alle Verlage, die sich im Rahmen der Rechtsordnung bewegten, dürften in Frankfurt ausstellen – “auch wenn wir ihre Ansichten nicht teilen”. Verlage oder ihre Produkte zu verbieten, sei in einem Rechtsstaat Aufgabe von Gerichten (3).