Neulich war ich mit der Bahn unterwegs und ein Kontrolleur fragte nach meiner Fahrkarte. Zusätzlich fragte er nach meinem Ausweis, um den Namen auf der Fahrkarte abzugleichen. Das passiert selten, aber ich zückte selbstverständlich meinen Perso. Als Student habe ich selbst Fahrkarten in der Straßenbahn kontrolliert und weiß, wie anstrengend der Job sein kann, wenn sich die Gäste anstellen.
Der Kontrolleur ging weiter und fragte den nächsten Fahrgast nach seiner Fahrkarte. Er hatte keine und behauptete erst, dass der Automat am Bahnhof defekt gewesen sei, dann, dass er keine Zeit gehabt hätte sich eine Fahrkarte zu ziehen.
Der Kontrolleur ging weiter und drückte ein Auge zu, während er bei mir doppelt drauf geschaut hatte. Ob er bei mir auch eine Ausnahme gemacht hätte, ist fraglich, denn ich werde im Gegensatz zum anderen Fahrgast von vielen Menschen als Ausländer wahrgenommen.
Solche Szenen habe ich schon häufiger in öffentlichen Verkehrsmitteln beobachtet und Betroffene berichten regelmäßig darüber. So trendete bei Twitter der Hashtag #WeilWirunsFürchten. Darin berichten diverse Menschen über Diskriminierung durch Kontrolleure im Berliner ÖPNV. Wissenschaftliche Untersuchungen gibt es hierzu ganz konkret nicht, es handelt sich also um ein Dunkelfeld. Es gibt jedoch Forschungsergebnisse, die sich auf die Situation mit der Fahrkartenkontrolle übertragen lassen.
Die Soziologen Jürgen Mansel und Günter Albrecht weisen darauf hin, dass “bestimmte ethnische Minderheiten nachweislich eher mit einer Anzeige rechnen müssen als die deutsche Mehrheitsgesellschaft”. Folglich werden Straftaten unter Deutschen seltener angezeigt als Straftaten mit Beteiligung eines nichtdeutschen Täters.
Dies ist ein Grund, warum Ausländer*innen überdurchschnittlich oft in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) auftauchen. Deutsche kommen hingegen häufiger mit einem blauen Auge davon. Die blauen Augen sind tatsächlich von Vorteil, zumindest dann, wenn die Hautfarbe stimmt. Die Lehre aus der Geschichte: Es ist mal wieder ein Privileg Weiß zu sein und Statistiken sollten kritisch gelesen werden.
PS: Den Begriff Schwarzfahren sehe ich kritisch, weil schwarz im Gegensatz zu weiß, häufig in einem negativen Kontext auftaucht. Im Text habe ich ihn verwendet, um die Benachteiligung noch deutlicher zu machen.